Dienstag, 23. September 2014

Farbiges Fachwerk in der Esslinger Altstadt

Jedes Jahr im September findet in Deutschland der Tag des offenen Denkmals statt. Initiator ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Im Jahr 2014 fand der Tag des offenen Denkmals am 14.09.2014 statt. Das Thema des Tages des offenen Denkmals im Jahr 2014 war "Farbe".   

Wenn es um Denkmale geht, denkt man in der Region Stuttgart immer auch an Esslingen, dessen Altstadt im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört worden ist und heute fast komplett unter Denkmalschutz steht. Somit ist es nicht verwunderlich, dass es am Tag des offenen Denkmals in Esslingen eine Vielzahl von Veranstaltungen und Führungen gibt.

Eine dieser Führungen im Jahr 2014 hatte das farbige Fachwerk zum Thema. Den Rundgang dieser Führung wollen wir im heutigen Post in diesem Blog nachvollziehen.


Die Holzträger an den Fachwerkhäusern waren im Mittelalter nicht farbig angemalt. Damals sah man stets die Originalfarbe des Holzes. Erst nach dem Mittelalter, ab der Renaissance, malte man die Holzträger an. Die bevorzugten Farben waren Rot, Ocker und Grau. Die rote Farbtönung bezeichnet man als ochsenblutrot. Allerdings wurde bei den Fachwerkhäusern in Esslingen kein Ochsenblut verwendet.

Nach dem großen Stadtbrand in Esslingen im Jahr 1701 verputzte man die Fachwerkgebäude, um die Brandlast zu verringern. In späteren Jahrhunderten bis heute legte man das Fachwerk teilweise wieder frei. Es ist somit schwierig, heute zu entscheiden, was der erhaltenswerte historische Zustand eines Fachwerkgebäudes ist. Das kann das nicht angemalte Fachwerk sein, das können verschiedene Farben am Fachwerk sein, das kann aber auch ein verputztes Fachwerk sein.

Im Zeitalter des Historismus (19. Jahrhundert) erinnerte man sich wieder an den Fachwerkstil und baute einige neue Fachwerkhäuser. Auch diese Fachwerkhäuser stehen heute unter Denkmalschutz.

Wie kommt man hin?
Der kleine Rundgang zu einer kleinen Auswahl verschiedenfarbiger Fachwerkhäuser beginnt auf dem Marktplatz von Esslingen. Vom Bahnhof in Esslingen folgt man der Bahnhofstraße (Fußgängerzone), überquert den Rossneckar, folgt dahinter der Abt-Fulrad-Straße und erreicht den Marktplatz.

Auf den Spuren des farbigen Fachwerks unterwegs
Auf der Nordseite des Marktplatzes stehen das Kielmeyerhaus und das Fachwerkhaus Wilder Mann. Vom Marktplatz geht man nach Osten zum angrenzenden Rathausplatz. Auf der Südseite des Platzes ist das Alte Rathaus, dessen in der Renaissance erstellter Nordteil zum Rathausplatz zeigt. Der südliche Teil des Alten Rathauses mit Fachwerk war früher eine Markthalle.

Südlich und östlich gegenüber dem Alten Rathaus befinden sich zwei Fachwerkhäuser, deren Fachwerk mit der Farbe Ocker bemalt worden ist. Man geht nun in die schmale Heugasse, in deren Verlauf das Fachwerk bei den Gebäuden unter Verputz liegt. Besonders schön ist das Gebäude an der Einmündung der Apothekergasse in die Heugasse. Nun biegt man nach rechts ab zum Hafenmarkt.

Die sich hier in Richtung Westen anschließende Gasse heißt ebenfalls Hafenmarkt. Dort befindet sich auf der Südseite die älteste bekannte Häuserzeile Deutschlands. Nun geht man an der Südseite des Alten Rathauses vorbei und halblinks über die Zehentgasse zur Archivstraße. Dort sieht man auf der rechten Seite das Kessler-Haus. Das Fachwerk dieses Hauses wurde im 19. Jahrhundert errichtet (Historismus). Man geht an der Südseite der Stadtkirche St. Dionys vorbei bis zur Abt-Fulrad-Straße. Dort sieht man auf der Südseite zwischen den beiden Kanalarmen des Rossneckars und des Wehrneckars ein erst im Jahr 1930 erbautes Fachwerkhaus, das im Jahr 2013 aufwändig restauriert wurde.

Die Entfernung vom Bahnhof bis zum Marktplatz ist ca. 670 Meter. Der kleine Rundgang ist ca. 600 Meter lang.

Hier gibt es eine Übersicht über die Kreisstadt Esslingen am Neckar. Von dort sind alle Artikel in diesem Blog, die sich mit Esslingen befassen, verlinkt.
Das Kielmeyerhaus (ehem. Spitalkelter) an der Nordseite des Marktplatzes gehört mit seinem ochsenblutrot angestrichenen Fachwerk zu den schönsten Gebäuden in Esslingen.
Das Fachwerkhaus Wilder Mann an der Nordseite des Esslinger Marktplatzes hat braun angestrichenes Sichtfachwerk.
Der ältere, rückwärtige Teil des Alten Rathauses in Esslingen war ursprünglich eine Markthalle. Das Fachwerk ist angestrichen. Die beiden unteren Stockwerke wurden nach dem großen Stadtbrand verputzt. Das kann man heute noch daran erkennen, dass die Holzträger in den unteren Stockwerken zahlreiche Kerben aufweisen. Der Putz sollte mit Hilfe der Kerben besser halten. Die Holzträger im oberen Stockwerk weisen diese Kerben nicht auf. Allerdings mussten in jüngerer Zeit einige Holzträger in den unteren Stockwerken ersetzt werden. Diese Holzträger sind ebenfalls ohne Kerben.
Fachwerkhaus gegenüber der Südseite des Alten Rathauses in Esslingen: Die Farbe Ocker wurde erst nach dem Mittelalter aufgetragen. Während des Mittelalters war das Holz aller Fachwerkgebäude im Originalzustand ohne aufgetragene Farbe vorhanden. 
Fachwerkhaus östlich gegenüber dem Alten Rathaus in Esslingen: Außer der Farbe Ocker kommt hier auch die Farbe Blau zu Einsatz. Blau war in früheren Jahrhunderten die teuerste aller Farben. Das gesamte Haus besteht aus Fachwerk. Freigelegt ist das Fachwerk jedoch nur in den beiden obersten Stockwerken.
Verputztes Fachwerkhaus bei der Einmündung Heugasse / Apothekergasse in Esslingen: Auch der Verputz ist historisch. Es ist somit nicht klar, ob ein Freilegen des Fachwerks dem historischen Aussehen des Gebäudes besser gerecht würde als der Verputz.
Prächtiges, ochsenblutrotes Fachwerk an einem Gebäude auf der Nordseite der Straße Hafenmarkt
Graubemaltes Fachwerk an einem Gebäude in der Straße "Hafenmarkt". Die vier Fenster links im Bild verfügen über Fensterläden, die von unten nach oben gezogen werden. Das Gebäude ist ein Teil der ältesten bekannten Häuserzeile in Deutschland.
An diesem Gebäude in der Straße "Hafenmarkt" in Esslingen wurden die Säulen auf den Verputz gemalt.
Im 19. Jahrhundert wurden während der Zeit des Historismus neue Fachwerkgebäude bzw. Gebäudeteile errichtet, bei denen wie im Mittelalter das Holz nicht bemalt wurde. Hier ist das Kessler-Haus (ehem. Speyrer Pfleghof) gegenüber der Stadtkirche St. Dyonis. 
Dieses Fachwerkgebäude an der Zusammenführung von Rossneckar- und Wehrneckarkanal wurde erst um 1930 erbaut. Es war wohl das letzte Gebäude Esslingens, bei dem Fachwerk zur Anwendung kam. Das Haus wurde im Jahr 2013 aufwändig saniert und beherbergt heute unter anderem eine Gaststätte und eine Eisdiele.

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