Dienstag, 7. Mai 2019

Verlängerung der Calwer Passage mit Abriss und Neubau des Bürogebäudes in Stuttgart

Im Frühjahr 2019 fanden die spektakulären Abrissarbeiten am in der Stuttgarter Innenstadt zwischen der Theodor-Heuss-Straße und der Calwer Passage gelegenen Bürogebäude statt.

Die Calwer Passage selbst blieb erhalten. Sie steht unter Denkmalschutz und darf nicht abgerissen werden. Im Zuge der Neubebauung des Areals soll die Calwer Passage sogar bis zur Lange Straße verlängert werden.

Die Calwer Straße mit dem benachbarten Bürogebäude wurde in den Jahren 1974-1978 erstellt. Im Jahr 2013 wurde die eigentliche Calwer Passage - nicht aber das Bürogebäude - unter Denkmalschutz gestellt. Begründet wurde dies mit ihrer Beispielhaftigkeit für das Bauen in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Üblicherweise beschäftigen sich die Denkmalschutzbehörden mit der Denkmalschutzwürdigkeit von Gebäuden frühestens eine Generation - somit also mindestens 30 Jahre - nach ihrer Errichtung. Die Gebäude der 70er Jahre waren also ab ca. 2010 an der Reihe.  

Im Gegensatz zur Calwer Passage ereilte das benachbarte und mit der Calwer Passage zusammenhängende Bürogebäude das Schicksal vieler Bürogebäude, die nach dem Zweiten Weltkrieg erstellt wurden. Es wurde nicht für erhaltenswert erachtet und kann deshalb abgerissen werden. Es soll durch ein neues Gebäude ersetzt werden. Wir leben allerdings in Architektur-Zeiten, in denen es keine Garantie dafür gibt, dass das neue Gebäude besser wird als das alte.


Die Calwer Passage war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste neuerrichtete Passage in Deutschland. Sie macht mit ihrem Tonnendach einen klassischen Eindruck. Ab den 1980-Jahren gab es ein Deutschland dann eine Renaissance des Passagenbaus.

Dabei ist die eigentliche Zeit der Passage schon längst vorbei. Eine erste Blütezeit des Passagenbaus gab es im Spätklassizismus 1820-1850. Das hatte seinen Grund darin, dass die Straßen damals noch nicht in einem Zustand waren, dass sie als Einkaufsstraßen dienen konnten. Die Passagen waren auch so etwas wie die Vorläufer der Kaufhäuser. 

In seinem Buch "Die Leipziger Passagen, Architektur von europäischem Rang" stellt der Kunstwissenschaftler Wolfgang Hocquél die vier Kriterien für Passagen dar. Passagen verfügen demnach über ein Glasdach, eine symmetrisch ins Gebäude hineingezogene Straßenfassade, eine zwei oder mehr Straßen verbindende Fußgängerzone sowie eine beidseitige Bestückung mit Läden. Die Calwer Passage erfüllt die Kriterien 1 und 4 vollständig. Durch ihre geplante Verlängerung wird sie auch das Kriterium 3 vollständig erfüllen.

Leipzig ist die deutsche Hauptstadt der Passagen. In der Leipziger Innenstadt gibt es allein 26 Passagen und Durchgangshöfe. Die berühmteste dieser Passagen ist die Mädlerpassage, in der sich auch Auerbachs Keller befindet, bekannt durch Goethes Faust.

Hier gibt es eine Übersicht über den Stadtbezirk Stuttgart-Mitte. Von dort sind alle Artikel in diesem Blog, die sich mit Stuttgart-Mitte befassen, verlinkt.
Blick vom Rotebühlplatz in Richtung Calwer Passage im Frühjahr 2019: Das Bürogebäude links im Bild wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Blick von der Theodor-Heuss-Straße auf das im Frühjahr 2019 im Abriss begriffene Bürogebäude: Die Calwer Passage befindet sich im Bild hinter dem Gebäude.
Blick von der Theodor-Heuss-Straße in Richtung Calwer Straße im Frühjahr 2019: Das Bürogebäude ist hier bereits fast zur Gänze abgerissen. Dahinter sieht man die Rückseite der Giebelhäuser an der Calwer Straße. 
Im Frühjahr 2019 verschlossener Eingang zur Calwer Passage in der Calwer Straße
Eingang zur Mädlerpassage in Leipzig: Die Leipziger Innenstadt ist durch eine großartige Kompaktheit und durch eine architektonische Qualiät gerade auch bei den Neubauten gekennzeichnet, wie man dies in der Stuttgarter Innenstadt leider nach wie vor nicht findet.

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