Stuttgart rühmt sich, für die Fußgänger in vielen Bereichen vorbildliche Verhältnisse zu bieten. Eine der größten Fußgängerzonen Deutschlands, eine ganze Reihe von miteinander verbundenen Parkanlagen und einer der größten Waldanteile unter den Großstädten Deutschlands sollen den fußgängerfreundlichen Anspruch untermauern.
Es gibt jedoch auch eine Kehrseite - und entlang eines Teils dieser Kehrseite führt dieser Stadtspaziergang im Verlauf der Heilbronner Straße vom Pragfriedhof bis zum Hauptbahnhof. Wer einen angenehmen erholsamen Spaziergang unternehmen will, sollte hier nicht weiterlesen und vielleicht zu einem anderen Weg weiterblättern. Ansonsten sollte man hart im Nehmen sein, wenn man dem Weg folgen will.
Ein Blick auf den Stadtplan zeigt die ganze Misere. Betrachtet man zum Beispiel das Nordbahnhofviertel, stellt man bei genauerem Studium fest, dass es von diesem Stadtteil kaum eine Fußgängerverbindung in die Stuttgarter Innenstadt gibt. Zwei Varianten stehen zur Wahl: man kann entweder durch eine lange und laute Unterführung unter dem Bahngelände durchgehen und anschließend durch den Schlossgarten in Richtung Innenstadt weitergehen. Diese Variante verbietet sich nachts und sie ist tagesüber wegen des Straßenlärms in der Unterführung ebenfalls kaum zumutbar. Als zweite Variante steht der Weg entlang der Heilbronner Straße zur Wahl. Und auch dieser Weg hat es in sich. Man geht hier durch ein Fußgänger-Nichtland. Somit bleibt z.B. den Bewohnern des Nordbahnhofviertels kaum etwas anderes übrig als mit dem Pkw oder der Bahn zu fahren, wenn sie in die Innenstadt wollen.
Eine so fußgängerfeindliche Situation wie in der Heilbronner Straße und
im Verbindungskorridor zwischen dem Nordbahnhofviertel und der
Innenstadt kenne ich kaum aus einer anderen Stadt, nicht aus München und
nicht aus Frankfurt, nicht aus Zürich und nicht aus Wien.
Der Spaziergang ist 1,5 Kilometer lang und verläuft durchgehend auf
asphaltierten oder gepflasterten Wegen. Es gibt auch einige Treppen im
Wegverlauf. Um zum Ausgangspunkt des Spaziergangs zu kommen, fährt man
mit der Stadtbahnlinie U15 bis zur Haltestelle Pragfriedhof. Von dort
geht man vor bis zur Heilbronner Straße und überquert diese mit Hilfe
der Fußgängerbrücke. Man muss die Straße wirklich überqueren, denn auf
der Ostseite der Heilbronner Straße gibt es nicht einmal einen
durchgehenden Gehweg bis zum Hauptbahnhof.
Die Treppen von der Brücke hinabsteigend erreicht man den Gehweg auf der
Westseite der Heilbronner Straße. Nun folgt man stets dem Gehweg. Die
Einmündung der Tunzhofer Straße quert man mit Hilfe einer
Fußgänger-Lichtsignalanlage. Dahinter sieht man auf der
gegenüberliegenden Seite der Heilbronner Straße den gehweglosen Zustand.
Teilweise kann man hier Touristen mit Koffern sich an der Straße
entlangschleichen sehen auf dem Weg zu den benachbarten Hotels -
wirklich kein Ruhmesblatt für die Landeshauptstadt.
Bald kommt die nächste Schikane: die Einmündung der Türlenstraße kann
man nicht queren. Man muss in eine umständliche Fußgängerunterführung
bei der U-Haltestelle Türlenstraße hinab und hinter der Einmündung
wieder hinauf. Danach kommt eine erst wenige Wochen alte Neuheit: man
sieht den Ansatz eines Boulevards mit Leuchten und breitem Gehweg. Hier
war vorher eine Tankstelle und eine hässliche Brückenrampe zu einem
Parkhaus. Als Fußgänger hat man sich kaum getraut, hier durchzugehen.
Also ein kleiner Fortschritt hin zu mehr Fußgänger-Lebensqualität, dem
weitere Schritte folgen müssen. Bei der Einmündung der Vordernbergstraße
soll bald eine neue Fußgängerfurt über die Heilbronner Straße führen -
ein weiterer kleiner Schritt zur Verbesserung der Verhältnisse für die
Fußgänger.
Hinter der Vordernbergstraße geht man am Gebäude mit Sandsteinfassade
des ehemaligen Postdörfles vorbei. Um das Gebäude richtig zu erfassen,
könnte man bei der nächsten Fußgänger-Lichtsignalanlage auf die andere
Seite der Heilbronner Straße gehen.
Nach der Einmündung der Straße Im Kaisemer sieht man links und rechts
der Heilbronner Straße städtebauliche Tristesse. Wenn man es hier
geschafft hat, vorbeizugehen, sieht man links den Stuttgarter
Hauptbahnhof und rechts das Gebäude der ehemaligen Bundesbahndirektion
Stuttgart. Mit diesem versöhnlichen Anblick beendet man den kleinen
Stadtspaziergang und taucht ab in die große Unterwelt der Klett-Passage
beim Hauptbahnhof mit S-Bahn- und Stadtbahnanschluss.
Hier gibt es eine Übersicht über den Stadtbezirk Stuttgart-Nord. Von dort sind alle Artikel in diesem Blog, die sich mit dem Stadtbezirk Stuttgart-Nord befassen, verlinkt.
Von der Fußgängerbrücke über die Heilbronner Straße blickt man auf die Tunnelrampe der Stadtbahn, die wegen ihrer Lage in einer Steigungsstrecke besonders lang ausgefallen ist. |
Das neue Büro-Gebäude Z-Up wertet diesen Abschnitt der Heilbronner Straße erfreulich auf. |
Das GENO-Haus (Baujahr 1969 - 72) steht massig und dominant am Berghang. Dieses Gebäude ist auch von weither nicht zu übersehen. |
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