Donnerstag, 17. September 2009

Heilbronner Straße in Stuttgart vom Pragfriedhof zum Hauptbahnhof


Stuttgart rühmt sich, für die Fußgänger in vielen Bereichen vorbildliche Verhältnisse zu bieten. Eine der größten Fußgängerzonen Deutschlands, eine ganze Reihe von miteinander verbundenen Parkanlagen und einer der größten Waldanteile unter den Großstädten Deutschlands sollen den fußgängerfreundlichen Anspruch untermauern.

Es gibt jedoch auch eine Kehrseite - und entlang eines Teils dieser Kehrseite führt dieser Stadtspaziergang im Verlauf der Heilbronner Straße vom Pragfriedhof bis zum Hauptbahnhof. Wer einen angenehmen erholsamen Spaziergang unternehmen will, sollte hier nicht weiterlesen und vielleicht zu einem anderen Weg weiterblättern. Ansonsten sollte man hart im Nehmen sein, wenn man dem Weg folgen will.


Ein Blick auf den Stadtplan zeigt die ganze Misere. Betrachtet man zum Beispiel das Nordbahnhofviertel, stellt man bei genauerem Studium fest, dass es von diesem Stadtteil kaum eine Fußgängerverbindung in die Stuttgarter Innenstadt gibt. Zwei Varianten stehen zur Wahl: man kann entweder durch eine lange und laute Unterführung unter dem Bahngelände durchgehen und anschließend durch den Schlossgarten in Richtung Innenstadt weitergehen. Diese Variante verbietet sich nachts und sie ist tagesüber wegen des Straßenlärms in der Unterführung ebenfalls kaum zumutbar. Als zweite Variante steht der Weg entlang der Heilbronner Straße zur Wahl. Und auch dieser Weg hat es in sich. Man geht hier durch ein Fußgänger-Nichtland. Somit bleibt z.B. den Bewohnern des Nordbahnhofviertels kaum etwas anderes übrig als mit dem Pkw oder der Bahn zu fahren, wenn sie in die Innenstadt wollen.


Eine so fußgängerfeindliche Situation wie in der Heilbronner Straße und im Verbindungskorridor zwischen dem Nordbahnhofviertel und der Innenstadt kenne ich kaum aus einer anderen Stadt, nicht aus München und nicht aus Frankfurt, nicht aus Zürich und nicht aus Wien.

Der Spaziergang ist 1,5 Kilometer lang und verläuft durchgehend auf asphaltierten oder gepflasterten Wegen. Es gibt auch einige Treppen im Wegverlauf. Um zum Ausgangspunkt des Spaziergangs zu kommen, fährt man mit der Stadtbahnlinie U15 bis zur Haltestelle Pragfriedhof. Von dort geht man vor bis zur Heilbronner Straße und überquert diese mit Hilfe der Fußgängerbrücke. Man muss die Straße wirklich überqueren, denn auf der Ostseite der Heilbronner Straße gibt es nicht einmal einen durchgehenden Gehweg bis zum Hauptbahnhof.

Die Treppen von der Brücke hinabsteigend erreicht man den Gehweg auf der Westseite der Heilbronner Straße. Nun folgt man stets dem Gehweg. Die Einmündung der Tunzhofer Straße quert man mit Hilfe einer Fußgänger-Lichtsignalanlage. Dahinter sieht man auf der gegenüberliegenden Seite der Heilbronner Straße den gehweglosen Zustand. Teilweise kann man hier Touristen mit Koffern sich an der Straße entlangschleichen sehen auf dem Weg zu den benachbarten Hotels - wirklich kein Ruhmesblatt für die Landeshauptstadt.


Bald kommt die nächste Schikane: die Einmündung der Türlenstraße kann man nicht queren. Man muss in eine umständliche Fußgängerunterführung bei der U-Haltestelle Türlenstraße hinab und hinter der Einmündung wieder hinauf. Danach kommt eine erst wenige Wochen alte Neuheit: man sieht den Ansatz eines Boulevards mit Leuchten und breitem Gehweg. Hier war vorher eine Tankstelle und eine hässliche Brückenrampe zu einem Parkhaus. Als Fußgänger hat man sich kaum getraut, hier durchzugehen. Also ein kleiner Fortschritt hin zu mehr Fußgänger-Lebensqualität, dem weitere Schritte folgen müssen. Bei der Einmündung der Vordernbergstraße soll bald eine neue Fußgängerfurt über die Heilbronner Straße führen - ein weiterer kleiner Schritt zur Verbesserung der Verhältnisse für die Fußgänger.

Hinter der Vordernbergstraße geht man am Gebäude mit Sandsteinfassade des ehemaligen Postdörfles vorbei. Um das Gebäude richtig zu erfassen, könnte man bei der nächsten Fußgänger-Lichtsignalanlage auf die andere Seite der Heilbronner Straße gehen.

Nach der Einmündung der Straße Im Kaisemer sieht man links und rechts der Heilbronner Straße städtebauliche Tristesse. Wenn man es hier geschafft hat, vorbeizugehen, sieht man links den Stuttgarter Hauptbahnhof und rechts das Gebäude der ehemaligen Bundesbahndirektion Stuttgart. Mit diesem versöhnlichen Anblick beendet man den kleinen Stadtspaziergang und taucht ab in die große Unterwelt der Klett-Passage beim Hauptbahnhof mit S-Bahn- und Stadtbahnanschluss.

Weitere Informationen
Straßen im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte im Post vom 06.09.2023 in diesem Blog

Hier gibt es eine Übersicht über den Stadtbezirk Stuttgart-Nord. Von dort sind alle Artikel in diesem Blog, die sich mit dem Stadtbezirk Stuttgart-Nord befassen, verlinkt.

Von der Fußgängerbrücke über die Heilbronner Straße blickt man auf die Tunnelrampe der Stadtbahn, die wegen ihrer Lage in einer Steigungsstrecke besonders lang ausgefallen ist.

Die Heilbronner Straße verfügt zur Zeit nur auf der Westseite über einen durchgehenden Gehweg. Dies hält viele Fußgänger - darunter auch ortsunkundige Touristen - nicht davon ab, auf der anderen gehweglosen Straßenseite zu gehen. Die Kräne im Bild gehören zum Neubau der Bibliothek 21.

Von der Fußgängerunterführung bei der U-Haltestelle Türlenstraße blickt man auf das sogenannte A1-Gebiet von Stuttgart 21. Wenn dieses Gelände einmal vollständig bebaut ist, wird dieser Blick nicht mehr möglich sein.

Die Neugestaltung des Gehwegs zwischen dem GENO-Haus und der Vordernbergstraße hat die Aufenthaltsqualität in diesem Abschnitt der Heilbronner Straße wesentlich verbessert. Bis vor wenigen Monaten gab es hier noch eine Brückenrampe und eine Tankstelle. Die Fußgänger mussten auf schmalem verwinkeltem Weg unter der Rampe hindurchgehen.

Das neue Büro-Gebäude Z-Up wertet diesen Abschnitt der Heilbronner Straße erfreulich auf.

Das GENO-Haus (Baujahr 1969 - 72) steht massig und dominant am Berghang. Dieses Gebäude ist auch von weither nicht zu übersehen.

Das Hochhaus für die LBBW wurde in den Jahren 2001-04 erbaut. Über die Heilbronner Straße soll an dieser Stelle in Kürze eine neue signalisierte Fußgängerfurt führen. Damit wird diese Straße erneut ein kleines Stückchen fußgängerfreundlicher.

Dieser Neubau / Umbau steht in auffälligem Kontrast zu den anderen Bauten. Ein Gebäude des ehemaligen Postdörfles aus den Jahren 1868 - 72 wurde vollständig entkernt und um ein Stockwerk aufgestockt. Die Fassade blieb erhalten. Heute residiert hier ein Hotel.

Dieses Gebäude mit Baujahr 1989 - 94 gehört zum großen Verwaltungskomplex gleich beim Hauptbahnhof. Mir ist bis heute rätselhaft, was Archiktekten, Bauherren und Stadtplanungsamt damals veranlasst hat, nur 200 Meter vom Hauptbahnhof entfernt so ein Gebäude zu bauen bzw. zu genehmigen.

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