Diese Neubebauung ist seit langem geplant. Wegen des unmittelbar angrenzenden Großprojekts Stuttgart 21 wurde der Zeitpunkt der Neubebauung bereits um ca. 8 bis 10 Jahre verschoben. Jetzt soll es aber soweit sein. Im Jahr 2019 findet ein Architektenwettbewerb zur Neubebauung des Areals statt.
Die bestehende Situation ist desolat. Geht man heute vom Arnulf-Klett-Platz die Königstraße hinauf, sieht man auf der linken Straßenseite die 260 hässlichsten Gebäudemeter im Verlauf einer Hauptfußgängerzone in den Großstädten Deutschlands.
Welche Chancen und Risiken bietet nun die geplante große städtebauliche Veränderung im Herzen Stuttgarts?
Die Chancen
1. Im Rahmen der Neubebauung ist geplant, die Kronenstraße, die bisher bei der Königstraße endet, durch das bisher bebaute Gelände hindurch bis zum Oberen Schlossgarten zu verlängern.
Das ist eine seit langem vermisste und dringend erforderliche städtebauliche Reparatur. Die Untere Königstraße vom Arnulf-Klett-Platz bis zum Schlossplatz präsentiert sich heute als eindimensionaler Schlauch. Eine Aufwertung dieser Situation hin zu einem zweidimensionalen Erlebnisraum durch die Öffnung von Blickachsen rechtwinklig zur Königstraße ist notwendig.
Die geplante Verlängerung der Kronenstraße bietet eine neue Blickachse rechtwinklig zur Königstraße in Richtung Oberer Schlossgarten, zur Oper und zum Rand des Stuttgarter Talkessels.
2. Es ist geplant, dass das als Einziges in diesem Areal unter Denkmalschutz stehende Gebäude der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank erhalten wird.
In der Tat ist dies das einzige Gebäude in diesem riesigen Areal, das gefällt. Es wurde bereits in den 1920er Jahren erbaut und damit in einer Zeit, als man noch Gebäude errichtete, die den Menschen gefielen und die Urbanität ausstrahlten.
3. Die Vorgabe ist, dass die bisherige Rückseite des Gebäudekomplexes am Mittleren Schlossgarten zur Vorderseite wird.
Die Ansicht des bestehenden Gebäudekomplexes von der Königstraße ist bereits hart an der Grenze des Erträglichen. Die Ansicht vom Oberen Schlossgarten auf den Gebäudekomplex ist jedoch noch schlimmer. So etwas würde andernorts nicht mal in einem Gewerbegebiet geduldet. Man kann gespannt darauf sein, wie die einzelnen Wettbewerbsteilnehmer aus einer Rückseite eine Vorderseite machen wollen.
4. Die Front in Richtung Arnulf-Klett-Platz und Hauptbahnhof könnte aufgewertet werden.
Es geht nicht nur um eine vollkommen andere Fassade als beim Bestand. Es kann auch darum gehen, den Gebäudekomplex in Richtung Hauptbahnhof zu erweitern, so dass er gegenüber dem benachbarten Hindenburgbau genauso vorspringt, wie das auf der anderen Seite des Hindenburgbaus befindliche Gebäude des Hotels Graf Zeppelin. Dadurch könnte auf dem Arnulf-Klett-Platz vor dem Hauptbahnhof tatsächlich so etwas wie ein Platz entstehen.
5. An Stelle des Hotels am Schlossgarten könnte ein Solitär (Hochhaus) errichtet werden.
Das bestehende Hotel am Schlossgarten setzt sich von der Bebauung entlang der Königstraße etwas ab. Diese Situation kann beibehalten werden. Es kann ein Hochhaus errichtet werden, das genauso hoch ist wie der benachbarten Bahnhofsturm. Dieses Hochhaus ist von der Königstraße nicht sichtbar. Auf dem Hochhaus kann eine Aussichtsterrasse errichtet werden als Ersatz für die bestehende Aussichtsterrasse auf dem Bahnhofsturm.
6. Die Gebäudefront zur Königstraße könnte besser gegliedert werden.
An Stelle einer langen, langweiligen Gebäudefront könnten viele kleinere Gebäude nebeneinander errichtet werden.
7. Die Gebäudefassaden könnten "stuttgartgerecht" ausgeführt werden.
Das bedeutet, dass ein bestimmter Prozentsatz der Fassadenflächen aus Stein bestehen soll. Das bedeutet auch, dass die Farbe des Steins in den typischenStuttgart-Farben von gelb bis rot ausgeführt werden soll.
Die Risiken
1. Es gibt heute keine Garantie für gute Gebäude.
Leider gibt es heute keine Garantie mehr dafür, dass ein Neubau besser ist als sein Vorgänger - trotz Gestaltungsbeirat und Architektenwettbewerben. Allzu oft werden Allerwelts-Glasfassaden oder Rasterfassaden ausgeführt.
2. Es gibt keine Garantie, dass der riesige Gebäudekomplex zukünftig besser gegliedert wird.
Vor allem dann, wenn das gesamte Areal von einem einzigen Bauherrn bebaut wird, ist Vorsicht geboten.
Fazit
Die Neubebauung des Areals Königstraße 1 - 3 bietet Chancen und Risiken. Aus heutiger Sicht scheinen die Chancen zu überwiegen, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass es schlechter als im Bestand kaum mehr zu gehen scheint. Trotzdem ist wohl die Aufmerksamkeit der Bürgerschaft in Bezug auf diese riesige Neubebaung wünschenswert.
An der Stelle der heutigen Gebäude Königstraße 1 - 3 befand sich vor 1918 der königlich-württembergische Marstall. Siehe hierzu den Post vom 04.11.2019 in diesem Blog.
Hier gibt es eine Übersicht über den Stadtbezirk Stuttgart-Mitte. Von dort sind alle Artikel in diesem Blog, die sich mit Stuttgart-Mitte befassen, verlinkt.
Heutige Rückseitensituation am Oberen Schlossgarten: Schlechter als so manches Gewerbegebiet |
Der heutige Blick vom Hauptbahnhof auf den Gebäudekomplex Königstraße 1 - 3 ist desolat. Die Neubebauung muss hier vollkommen geänderte Verhältnisse schaffen. |
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